Mittwoch, 8. Januar 2020

Völlig unterschätze Inspirationen




Ein völlig unterschätzter Ort
für Inspirationen zum Schreiben
von Wonderstories oder Lyrikals
ist die U- und S Bahnfahrt.
Allerdings nur, ohne selber aufs Handy zu schauen!
Besser noch, gar keines erst dabeihaben!

Ich fahre täglich ca. 70 Minuten mit einer dieser beiden Möglichkeiten.

Gestern beispielsweise fuhr ich mit der U2 und am Potsdamer Platz stiegen vier junge Frauen gemeinsam ein, setzten sich mir gegenüber und schauten jede auf ihr eigenes Handy. Vier Freundinnen reden nicht, starren nur vor sich hin. Neben mir saßen zwei junge Männer im selben Alter, im Gang stand einer, etwas älter. Kontakt? Kein Kontakt.
Ich überlegte noch, was würde eigentlich passieren, wenn alle sich über die ganze Fahrt hin einander in die Augen schauen würden?
Ich habe so auf diese Weise vor 45 Jahren meinen ersten Liebhaber kennengelernt. Es war nicht der Griff in die Zauberkiste, aber ganz blöd war´s nun auch nicht.
Dann plötzlich wie auf Befehl erhoben sich alle um mich herum und stiegen am Alexanderplatz aus.
Aber dabei blieb es nicht. Zwanzig junge Menschen auf Reisen miteinander veränderten die Atmosphäre im Abteil in einen Jahrmarkt der Eitelkeiten, Herzlichkeiten, laute Gesänge, viel Gelächter, Fotos hin und her und Kontakte. Viele Kontakte auch zu anderen Fahrgästen. Wir fotografierten die Reisenden, sprachen englisch, italienisch und gebrochen Deutsch. Einmalkameras und digitale Kleinkameras wurden verglichen.
Genau so hatte ich mir das vorgestellt und irgendeine Seele des großen Kosmos erbarmte sich und präsentierte diese Lebendigkeit.
Also! Nicht unterschätzen! U bahnfahren in der Fremde und Zuhause, am besten ohne Handy. Und mit dem Wunsch nach Kontakt kann auch nicht schaden!






Montag, 11. November 2019

GUTE GEISTER zu 30 Jahre MAUERFALL





Ich hatte Dämonen gefürchtet beim Datum 30 Jahre Mauerfall, und die Überraschung schickte mir gute Geister vorbei,
durch eine Tür, die ich gar nicht mehr auf dem Schirm hatte.
Tote sind zwar tot, aber ihre Kraft und ihr gelebtes Leben hinterlassen zarte oder aber auch kraftvolle Spuren und nichts, aber auch gar nicht geschieht zufällig. Eher falle ich zu oder etwas fällt mir zu, das jedenfalls ist meine Erfahrung. In der Zeit der durchlässigen Nebelebenen zwischen uns mir und der Anderwelt geschehen vielleicht sogar viel mehr Begegnungen.
Seit Anfang dieses Jahres begleite ich im Rahmen meiner Arbeit eine Frau, 47 Jahre alt, DDR sozialisiert auf ihren Routen zurück in irgendwie geartetes Erwerbsleben.  Wir waren uns schnell sympathisch und das Vertrauen in unserer beider Fähigkeiten wuchs gleichmäßig und fruchtbar. Am 8. November saßen wir am Rande eines Kartoffelfeldes auf dem Ökohof, wo sie arbeitet. Wir unterhielten uns über das große Bohei in Berlin zu 30 Jahren Mauerfall und begannen langsam unsere dreissig Jahre auszubreiten. Plötzlich fragte ich sie nach ihrem Alter und sie nannte es. Dann schob sie freundlich hinterher, dass sie genau heute auch Geburtstag habe. Meine Großmutter, hätte sie noch gelebt, hätte am selben Tag gefeiert.  Das alles entfaltete sich so zwischen uns und plötzlich wurde ich gewahr, dass mein Vater am 10. November auch 85 Jahre geworden wäre. Sie stellte die Frage, was er beruflich so gemacht habe und ich zeigte seine Biografie auf.  1953 hatte er seine erste Anstellung in der Staatsoper angetreten. Drei Jahre später dann  gab es das ungeheuer einmalige Moment, dass bei den Berliner Philharmonikern genau diese Stelle ausgeschrieben wurde, mit dem Zusatz 1. Fagott und damit auch Solist. Ich war grade geboren, Fagott Stellen sind immer schon rar gewesen und meine Eltern einigten sich darauf, dass er vorspielen sollte. Damit war ganz klar ein Umzug in den westlichen Besatzungssektor verknüpft und alles mußte ja heimlich gehen, wenn es klappen würde.
Es war, wie es war, es klappte, mein Vater wurde genommen.
Und jetzt kommt`s. Meine Klientin schaute mich fassungslos an. Und erzählte ihren Beitrag zu dieser Geschichte:
„ und mein Vater hatte das große Glück, dass Deiner rübermachte und hat seine Stelle bekommen.“
Sie nannte seinen Namen und ich wusste, ich kenne ihn auch.
Wir fingen an zu weinen, ich weil mein Vater tot war und dass der ihre wieder so in mein Leben trat, sowie er als Kind schon Teil unseres Lebens gewesen war. Sie, weil sie überhaupt nicht fassen konnte, dass wir diese Geschichte glücklicher Weise endlich zwischen uns entdeckt hatten und dies doch gar nicht so selbstverständlich war.
Das war unser Geschenk zum 9.11.2019.Und wir begannen Frieden zu finden mit diesem Datum und eine eigene Feierstimmung in uns zu entwickeln.
Wir werden es hegen und pflegen.
So entstehen oder wachsen Freundschaften und alte Linien werden fortgezogen im Reich der Geschichten.


Sonntag, 27. Oktober 2019

WONDERSTORIES Das Lachen aus der Anderwelt




Wirklich, es war ein leises und lustiges Lachen.
Meine Freundin hatte im Dezember Geburtstag, ist mit 68 Jahren verstorben und wäre,  heuer 70 Jahre alt geworden. Ich hatte ihr also einen schönen Geburtstagsbrief geschrieben und eine Bienenwachskerze als Lebenslicht gedreht.
Als ich dann endlich soweit war, die Kerze anzuzünden und ihr den Brief vorzulesen, fiel von einem Lesepult aus einer Anzahl unterschiedlicher Fotos mit ihr eines herunter neben die Kerze.
Auf diesem Foto hält sie eine Geburtstagskarte von mir in der einen Hand, lacht übers ganze Gesicht und zeigt mit der anderen Hand zu mir. Dies Foto ist 35 Jahre alt.
Es fiel nur dieses Bild um.
Ich musste lachen, sie hatte meine Grüsse heute längst gelesen.
Das Lachen aus der Anderwelt fiel deutlich aus. Happy Birthday GUTE SEELE.
Die ANDERWELT ist immer offen.

Montag, 21. Oktober 2019

Wonderstories: DIE ANDERE SEITE oder HELLSICHTIG




Seit drei Jahren versterben mir die wichtigen Menschen. Zuerst vor gut zwei Jahren meine Liebste, dann in diesem Jahr innerhalb weniger Monate meine Eltern. Der Tod der Eltern besiegelt die Kindheit. Ich bin die Älteste von dreien, zwischen mir und dem Himmel steht jetzt niemand mehr. Auch das eine neue Erfahrung. Ein Gefühl. Endlichkeit ist kein Gefühl, aber lässt einige zu.
Vor zwei Wochen nun begann in unserer Beratungsstelle, wo ich arbeite, eine neue Ärztin. Die Klientinnen sind begeistert und fühlen sich in ihrer Beratung gesehen.
Nach nur wenigen Stunden betrat sie mein Büro, um sich vorzustellen. Mit im Raum saß eine Klientin, die grade aus ihrer Begutachtung gekommen war. Die Ärztin und ich kennen uns gar nicht.
Plötzlich schaut sie mich schräg an. Ich merke, sie überlegt nur kurz, dann fragt sie unverblümt, ob meine Eltern grade verstorben seien.
Ich bejahe das etwas komisch berührt, weil eben eine Klientin mit im Büro sitzt. Diese wiederum lächelt mich freundlich an und sagt nur, das hätte sie auch grade erlebt habe und sie ginge mal kurz raus. Als sie raus war, frage ich, was das soll?
Die Ärztin zögert gar nicht.
„Ich sehe beide hinter ihnen. Besonders ihrer Mutter ist es wichtig, dass sie wissen sollen, sie sollen ALLES, ich betone ALLES LOCKER ANGEHEN im Leben. Ihr Vater steht nur daneben und nickt mit dem Kopf.
Ich lache. „Das sagt die Richtige, aber gut, ich werde es mir durch den Kopf gehen lassen.“
„Ihre Mutter wirkt sehr ernst. Es wäre ihr nur von dort aus bewußt, dass es sich so verhielte.“
Weiter sagte sie nichts.
„Kann ich noch Fragen stellen?“
„Später, wenn sie alleine sind, können sie es versuchen. Jetzt ist hier niemand mehr.“
Hellsichtigkeit ist mir zwar nicht fremd, aber sie überrascht mich doch immer wieder in der Begegnung und ich erschrecke, was für Tote nicht unbedingt günstig ist, aber so bin ich nun mal.
Ich habe zu einem anderen Zeitpunkt von einem Medium gelernt, dass Tote nur erscheinen, wenn die Person, der sie erscheinen, dafür bereit ist. Bereit war ich zwar, aber nicht vorbereitet.
Es gab einmal eine vollkommen andere Situation vor vierzig Jahren. Ich lebte damals in einer Lesben WG, wir hatten wenig Geld und nahmen es mit den Besitzverhältnissen nicht so genau. Wenn wir Schuhe brauchten, besorgten wir sie uns halt. An diesem Morgen hatten wir ein Paar rote Stiefel organisiert, gefüttert, Winterschuhe eben.
Am selben Abend besuchten wir eine kostenfreie Veranstaltung in der Urania. Ein englisches Medium war eingeladen und es wurde angeboten, dass sie mit Verstorbenen reden könne, wenn die sich zeigten. Meine Freundin mit den roten Schuhen hatte erst vor einer Woche ihren Vater an die Anderwelt verloren.
Wir saßen also im Saal und bemerkten, wie viele Menschen auf ein Ereignis oder eine Botschaft aus waren. Eigentlich wollten wir schon gehen. Da stand die alte Dame auf und rief meine Freundin an:
„Ihr Vater läßt ihnen ausrichten, dass sie das mit den roten Schuhen rückgängig machen sollen. Sie kämen schon zu ihren Schuhen, aber nicht so.“
Wir waren komplett überrascht und vermutlich wurden wir beide bis über die Ohren rot.
Dann schob sie noch freundlich nach: „Er lacht sehr herzlich.“
OK, wir verließen den Abend sofort.
Draußen schütteten wir uns aus vor Lachen.
Am nächsten Morgen brachten wir die Schuhe unter erheblichen Aufwand wieder unbemerkt zurück in den Laden.
Zwei Wochen später gab es die Testamenteröffnung. Schuhe waren kein Problem mehr.
Noch eines habe ich über hellsichtige Menschen gelernt. Sie fordern nie Geld dafür. Das wäre ein Makel innerhalb der Innung. Aber sie dürfen mit Geschenke bedacht werden.
Ach und meiner Klientin war folgendes widerfahren. Sie hatte der Ärztin im Rahmen der Anamnese von ihrem Elternhaus erzählt und plötzlich unterbrach die Ärztin sie: „Verstehen Sie, warum ich die ganze Zeit viele Pflanzen und Gewächshäuser sehe?“
Die Klientin war als Kind neben einer Gärtnerei groß geworden. Tja so geht’s eben auch mit der Hellsichtigkeit. Es werden nicht nur große Fässer aufgemacht.

Noch einen Nachtrag: Als ich am Abend von der Arbeit Nachhause kam, lag ein Newsletter in meinem emailfach: Thema BLEIBE LOCKER und zwar in jeder Lebenslage.

Ich hatte endgültig verstanden und mußte unheimlich lachen. Auch das gehört zur Medialität, der Humor.

Sonntag, 13. Oktober 2019

DIE Welt DER GUTEN BÜCHER

Bücher müssen wie Holz kunstvoll gestapelt werden



Sonntag Mittag auf dem Flohmarkt am Rathaus Schöneberg.
Die Friedensglocke läutet. Ich stehe an meinem Lieblingsstand. Warum der mein Favorit ist, wird deutlich, wenn der Standbesitzer seinen Slogan ausruft:
Jedes Buch 1 €
Bei 5 Büchern mußte 7 Nachhause schleppen…
Vor mir 60 Kisten nebeneinander in 5 Reihen aufgestellt zum Stöbern. Ich bin vertieft.
Beim Wort SCHLEPPEN murmelt einer mir gegenüber halblaut:
Das ist genau das Problem.
Er hat einen Rucksack auf und ich denke, wo ist das Problem?
Laut sage ich:
Bei guten Büchern ist das doch nicht wirklich ein Problem.
Wir grinsen uns an.
Nach einer Weile er wieder:
Woran erkennt man ein gutes Buch.
Ich lachend:
Jedes Buch, was Menschen unbedingt schleppen und lesen wollen, sind für diese Personen gute Bücher.
In diesem Moment stehen alle mit ihren Armen voller Bücher auf dem Prüfstand:
KONSALIK SIMMEL LENZ NALDONY MINETT WALTERS GRAHAM GREEN TUCHOLSKY
JEDE MENGE GROSSFORMATIGER BILBÄNDE KOCHBÜCHER BURDAHEFTE BASTELBÜCHER…alles GUTE BÜCHER finde ich, alles gute Menschen finde ich
Menschen, die gerne in Büchern stöbern sind tolle Menschen, genauso wie die, die gerne zusammen singen…
Kurios: eine Frau im Rollstuhl kauft jede Menge Wanderbücher. Wir schauen alle auf sie.
Sie sagt: vielleicht kann ick ja mal wieda loofen und wenn nich denn eben in die Fantasie…
Das sind gute Bücher: Phantasieanreger.
Das war ein schöner Moment am Sonntag Mittag auf dem Platz vor dem Schöneberger Rathaus, als die Freiheitsglocke schlug…

Völlig unterschätze Inspirationen

Ein völlig unterschätzter Ort für Inspirationen zum Schreiben von Wonderstories oder Lyrikals ist die U- und S Bahnfahrt. ...